Das Covid-19-Gesetz vom 25.03.2020

Das Covid-19-Gesetz vom 25.03.2020

In einem beschleunigten Gesetzgebungsverfahren hatte der Deutsche Bundestag am 25.03.2020 das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht beschlossen. Das Gesetzespaket sieht zunächst befristete Änderungen und Ergänzungen zur Unterstützung der Wirtschaft und der Verbraucher vor.

Hier ein erster Überblick zu den wichtigsten Regelungen im Zivilrecht- und Insolvenzrecht:

Zivilrecht

Zunächst zeitlich befristet bis zum 30.06.2020 wird in Artikel 240 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch eine Regelung eingeführt, welche Verbrauchern, die wegen der Covid-19-Pandemie ihre vertraglichen Pflichten bei Dauerschuldverhältnissen der Daseinsvorsorge nicht erfüllen können, die Möglichkeit einräumt, Ihre Zahlungen einstweilen zu verweigern oder einzustellen. Hierdurch soll verhindert werden, dass Verbraucher von Leistungen der Grundversorgung wie Strom, Gas und Telekommunikation abgeschnitten werden.

Die Gesetzesregelung zum Leistungsverweigerungsrecht für Verbraucher lautet:

„Ein Verbraucher hat das Recht, Leistungen zur Erfüllung eines Anspruchs, der im Zusammenhang mit einem Verbrauchervertrag steht, der ein Dauerschuldverhältnis ist und vor dem 8. März 2020 geschlossen wurde, bis zum 30. Juni 2020 zu verweigern, wenn dem Verbraucher infolge von Umständen, die auf die Ausbreitung der  Infektionen  mit  dem  SARS-CoV-2-Virus  (COVID-19-Pandemie) zurückzuführen sind, die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhalts oder des angemessenen Lebensunterhalts seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht möglich wäre. Das Leistungsverweigerungsrecht besteht in Bezug auf alle wesentlichen Dauerschuldverhältnisse. Wesentliche Dauerschuldverhältnisse sind solche, die zur Eindeckung mit Leistungen der angemessenen Daseinsvorsorge erforderlich sind.“

Auch für Kleinstunternehmer wird eine Regelung eingeführt, wonach diese das Recht haben, Zahlungen auf Leistungen der Grundversorgung Ihres Unternehmens befristet zu verweigern.

Die Gesetzesregelung für Kleinstunternehmer lautet:

„Ein Kleinstunternehmen […] hat das Recht, Leistungen zur Erfüllung eines Anspruchs, der im Zusammenhang mit einem Vertrag steht, der ein Dauerschuldverhältnis ist und vor dem 8. März 2020 geschlossen wurde, bis zum 30. Juni 2020 zu verweigern, wenn infolge von Umständen, die auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen sind, 

1. das Unternehmen die Leistung nicht erbringen kann oder 

2. dem Unternehmen die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs nicht möglich wäre. Das Leistungsverweigerungsrecht besteht in Bezug auf alle wesentlichen Dauerschuldverhältnisse. Wesentliche Dauerschuldverhältnisse sind solche, die zur Eindeckung mit Leistungen zur angemessenen Fortsetzung seines Erwerbsbetriebs erforderlich sind.“

Abs. 1 gilt nicht, wenn die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts für den Gläubiger seinerseits unzumutbar ist, da die Nichterbringung der Leistung die wirtschaftliche Grundlage seines Erwerbsbetriebs gefährden würde. Absatz 2 gilt nicht, wenn die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts für den Gläubiger unzumutbar ist, da die Nichterbringung der Leistung zu einer Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhalts oder des angemessenen Lebensunterhalts seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen oder der wirtschaftlichen Grundlagen seines Gewerbebetriebs führen würde. Wenn das Leistungsverweigerungsrecht nach Satz 1 oder 2 ausgeschlossen ist, steht dem Schuldner das Recht zur Kündigung zu. 

Die Absätze 1 und 2 gelten ferner nicht im Zusammenhang mit Miet- und Pachtverträgen, mit Darlehensverträgen sowie mit arbeitsrechtlichen Ansprüchen.“

Mietrecht

Für Mietverhältnisse über Grundstücke oder über Räume wird das Recht der Vermieter zur Kündigung von Mietverhältnissen eingeschränkt. 

Wegen Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 darf der Vermieter das Mietverhältnis nicht kündigen, sofern die Mietschulden auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen. Dies gilt entsprechend auf Pachtverhältnisse. Ausgeschlossen sind demnach die außerordentliche fristlose als auch die ordentliche Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses aufgrund solcher Mietrückstände. Entsprechendes gilt für die außerordentliche fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses über Grundstücke oder über Räume, die keine Wohnräume sind. Die Kündigungsbeschränkung endet mit Ablauf des 30. September 2022. 

Die Mietzahlungsverpflichtung des Mieters bleibt allerdings fortbestehend. Hierzu wird keine Stundung oder Erlass zugesprochen. Dies hat zur Folge, dass Mieter und Pächter ihre Forderungen weiterhin fristgerecht leisten müssen und bei nicht fristgerechter Leistung gegebenenfalls in Verzug geraten. Stundungen oder Mietzinserlasse bedürfen daher einer gesonderten Vereinbarung zwischen Vermieter und Mieter.

Auch bleiben Kündigungen vom Miet- und Pachtverhältnisses aus anderen wichtigen Gründen, wie z.B. schwerwiegendesFehlverhalten des Mieters gegenüber dem Vermieter,weiterhin möglich. Soweit das Gesetz die Kündigung eines Mietverhältnisses ohne Gründe zulässt, wie im Fall unbefristeter Mietverhältnisse über Grundstücke und über Räume, die keine Wohnräume sind, bleibt auch diese Kündigungsmöglichkeit unberührt.

Die Gesetzesregelung für Mietverhältnisse lautet:

„Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt.“

Darlehensverträge

Die COVID-19-Pandemie und dadurch verursachte Einnahmeausfälle werden Verbraucher nicht nur als Mieter, sondern auch als Darlehensnehmer treffen. Die zum Zeitpunkt der Darlehensaufnahme unvorhersehbaren krisenbedingten Einbußen werden können dazu führen, dass die Rückzahlung von Darlehen oder die regelmäßigen Zins- und Tilgungszahlungen nicht oder nur teilweise geleistet werden können.  Für eine Übergangszeit werden Verbraucher daher vor einer Kündigung geschützt, indem die in den Zeiten der Krise fälligen Darlehensforderungen zunächst für drei Monate gestundet werden. 

Die Gesetzesregelung für Verbraucherdarlehen und Kleinstunternehmer lautet:

„Für Verbraucherdarlehensverträge, die vor dem 15. März 2020 abgeschlossen wurden, gilt, dass An-sprüche des Darlehensgebers auf Rückzahlung, Zins- oder Tilgungsleistungen, die zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 fällig werden, mit Eintritt der Fälligkeit für die Dauer von drei Monaten gestundet werden, wenn der Verbraucher aufgrund der durch Ausbreitung der COVID-19-Pandemie hervorgerufenen außergewöhnlichen Verhältnisse Einnahmeausfälle hat, die dazu führen, dass ihm die Erbringung der geschuldeten Leistung nicht zumutbar ist. Nicht zumutbar ist ihm die Erbringung der Leistung insbesondere dann, wenn sein angemessener Lebensunterhalt oder der angemessene Lebensunterhalt seiner Unterhaltsberechtigten gefährdet ist. 

Die Vertragsparteien können von Absatz 1 abweichende Vereinbarungen, insbesondere über mögliche Teilleistungen, Zins- und Tilgungsanpassungen oder Umschuldungen treffen.

Kündigungen des Darlehensgebers wegen Zahlungsverzugs, wegen wesentlicher Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Verbrauchers oder der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit sind im Fall des Absatzes 1 bis zum Ablauf der Stundung ausgeschlossen. Hiervon darf nicht zu Lasten des Verbrauchers abgewichen werden.“

[…]

Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates den personellen Anwendungsbereich der Absätze 1 bis 7 zu ändern und insbesondere Kleinstunternehmen im Sinne von Artikel 2 Absatz 3 des Anhangs der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen in den Anwendungsbereich einzubeziehen

Wohnungseigentum

Wie auch für Genossenschaften, Vereine und Stiftungen werden für Wohnungseigentümergemeinschaften Regelungen für den vorübergehenden Fortbestand bestimmter Organbestellungen getroffen, sollten diese Bestellungen während der Krise ablaufen. Ferner wird zur Sicherstellung der Finanzierung der Gemeinschaften der Wohnungseigentümer geregelt, dass der zuletzt beschlossene Wirtschaftsplan bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplans fort gilt.

Die Gesetzesregelung für Wohnungseigentümergemeinschaften lautet:

„Der zuletzt bestellte Verwalter im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes bleibt bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung eines neuen Verwalters im Amt. 

Der zuletzt von den Wohnungseigentümern beschlossene Wirtschaftsplan gilt bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplans fort.“

Vereine und Stiftungen

Für Genossenschaften und Vereine wird neben den organschaftlichen Regelungen zudem eine vorübergehendeErleichterung für die Durchführung von Versammlungen ohne physische Präsenz oder die Beschlussfassung außerhalb von Versammlungen, auch ohne entsprechende Satzungsregelungen, geschaffen. 

Die Gesetzesregelung für Vereine und Stiftungen lautet:

„Ein Vorstandsmitglied eines Vereins oder einer Stiftung bleibt auch nach Ablauf seiner Amtszeit bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung seines Nachfolgers im Amt.

[…] DerVorstand kann auch ohne Ermächtigung in der Satzung Vereinsmitgliedern ermöglichen, 

1. an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilzunehmen und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation auszuüben oder 

2. ohne Teilnahme an der Mitgliederversammlung ihre Stimmen vor der Durchführung der Mitgliederversammlung schriftlich abzugeben. 

[…] Ein Beschluss ist ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.“

Insolvenzrecht

Die straf- und haftungsbewehrte Insolvenzantragspflicht der Geschäftsführer/Vorstände haftungsbeschränkter Unternehmensträger wird für einen vorübergehenden Zeitraum aufgehoben. Auf diese Weise wird den Unternehmen Gelegenheit gegeben, unter Inanspruchnahme der bereitzustellenden staatlichen Hilfen oder im Zuge von Sanierungs- oder Finanzierungsvereinbarungen abzuwenden.

Bei natürlichen Personen, die nicht der Insolvenzantragspflicht unterliegen, kann auf die Verzögerung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Zeitraum zwischen dem 1. März 2020 und dem 30. September 2020 keine Versagung der Restschuldbefreiung gestützt werden. 

Die Gesetzesregelung zur Insolvenzantragspflicht und Restschuldbefreiung lautet:

„Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a der Insolvenzordnung und nach § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Dies gilt nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. War der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Ist der Schuldner eine natürliche Person, so ist § 290 Absatz 1 Nummer 4 der Insolvenzordnung mit der Maßgabe anzuwenden, dass auf die Verzögerung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Zeitraum zwischen dem 1. März 2020 und dem 30. September 2020 keine Versagung der Restschuldbefreiung gestützt werden kann. Die Sätze 2 und 3 gelten entsprechend.“

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